Die Himmelsscheibe von Nebra
1999
Als Lara Christensen am Abend des 4. Juli 1999 im Clubhaus des Adventure Club of Europe eintraf, stand ihr der Schock noch ins Gesicht geschrieben. Was war der dänischen Archäologin und Astronomin passiert, die zum damaligen Zeitpunkt mit 34 Jahren jüngstes weibliches ACE-Mitglied war?
Zwischen 10 und 10.15 Uhr …
…hatte ich endlich das Grab auf dem Mittelberg aufgespürt, nach dem ich schon seit 4 Monaten suchte“,
schrieb Christensen in ihrem Bericht über den Ort des Geschehens in der Nähe der Stadt Nebra, Deutschland.
Durch einen engen Spalt zwängte ich mich in die unterirdische Kammer und schaltete meine Taschenlampe ein. Der Boden war lehmig, die Luft sauerstoffarm, doch ich hielt es lange genug aus, um ein Podest zu erreichen, auf dem die bronzene Scheibe lag. Ich konnte kaum glauben, was ich dort vor mir sah. Es schien eine uralte Darstellung des Himmels zu sein, mit einer – auf den ersten Blick – korrekten Anordnung des Sternenhaufens der Plejaden.
Ich tankte frischen Sauerstoff und wagte mich in eine andere Ecke der Grabkammer vor. Das Gestein wirkte äußerst fragil, also verhielt ich mich vorsichtig.
Was ich dann erblickte, kann ich nicht anders beschreiben, als ein „bronzezeitliches Koordinatensystem“. Fein bearbeitete Steine standen im Halbkreis zu einander und waren wohl dazu gedacht, durch Sonneneinstrahlung – als die Grabkammer vor etlichen tausend Jahren noch unter freiem Himmel stand – komplexe Markierungen an eine fein gravierte Steinplatte zu werfen.
Mitten in dieser Steinplatte war ein kreisrunder Platz gelassen, in den die bronzene Scheibe hineinpasste. Ich sage es euch: Es war eine Karte des Weltalls! Und nicht nur das: Durch den Schein meiner Taschenlampe ergaben sich Schattierungen, die einen eindeutigen Weg darzustellen schienen.
Doch plötzlich hörte ich nahe Stimmen und erschrak. Zwei Männer sprangen zu mir hinab und rissen mir die bronzene Scheibe aus der Hand. Ich versuchte mich zunächst zu wehren, doch einer von ihnen zog eine Pistole, so dass ich Reißaus nahm. Im Tumult stieß einer der Männer die fragilen Steine um und die gesamte Grabkammer erzitterte.
Ich schaffte es rechtzeitig hinaus und rannte um mein Leben, während hinter mir die gesamte Erdschicht über und unter der Kammer abzurutschen begann.Auch die beiden Männer konnte ich noch fliehen sehen, ehe sie mit der bronzenen Scheibe im Wald verschwanden.“
An dieser Stelle endet Lara Christensens Bericht.
Einige Monate nach ihrem Fund wurde das Artefakt, das später als „Himmelsscheibe von Nebra“ bekannt werden sollte, auf dem Schwarzmarkt aufgespürt und dem deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt überbracht, in dem die Stadt Nebra liegt. Bis heute versucht Lara Christensen eine Genehmigung zu erhalten, die Grabkammer wiederherzustellen und Untersuchungen an der Himmelsscheibe vorzunehmen. Ihr Ziel ist es, herauszufinden, was genau die Sternenkarte anzeigte.
Ungeklärte Verantwortlichkeiten in den zuständigen Behörden des Bundeslandes machten dies bisher nicht möglich. Selbstverständlich müsse zunächst eine „Grabkammerwiedererrichtungserlaubnis“ ausgesprochen werden, so eine zuständige Mitarbeiterin des Ministeriums. Dafür sei eine eindeutige „Vegetationsstabilitätsprüfung“ des Mittelbergs notwendig, sowie eine „Artefaktrückführungssicherheit“.
Im Ministerium wurde bereits vor 10 Jahren ein eigener Arbeitsplatz geschaffen, um sich des Falls anzunehmen.