Die kleinen Menschen von Flores
1700
Es war Mai 1700, als Montgomery Flynn erstmals die indonesische Insel Flores betrat. Ausgelaugt von einer Kaperfahrt gegen ein französisches Schiff, machte er mit seiner Piratenmannschaft Rast, um Energie zu sammeln.
Wie immer entfernte er sich alleine von der Truppe, um die unbetretene Natur zu erkunden.
Als ich etwa eine Stunde in die Insel hineingelaufen war, fand ich ein gar wunderliches Lager“,
schrieb Flynn in sein geheimes Tagebuch, das dem Adventure Club of Europe (ACE) vorliegt.
Es wirkte menschlich besiedelt, doch alles schien winzig zu sein. Kleine Zelte aus Tierhaut und mickrige Steinwerkzeuge, als seien sie für die Hände eines Kleinkindes angefertigt.“
Plötzlich bemerkte Flynn, dass er nicht alleine war.
Von allen Seiten her strömten sie auf mich zu. Winzige Menschen, kaum größer als einen Meter. Ich zog meinen Säbel und sie erschraken. Niemand von ihnen schien mir eine Gefahr werden zu wollen. Also steckte ich meinen Säbel wieder ein und kniete mich zu ihnen hinab.“
Daraufhin erlebte Flynn einen wundersamen, herzlichen Empfang der kleinen Menschen, die augenscheinlich nie einen so großen Mann wie ihn gesehen hatten. Vorsichtig tasteten sie sein Gesicht und seine Hände ab.
Die kleinsten unter ihnen, ihre Kinder, waren nicht größer als eine Elle. Dann plötzlich ritten weitere der Winzlinge auf Elefanten in das Lager und begrüßten mich. Ihre Elefanten waren nicht größer als ein einfacher Köter und zahm wie Reitpferde.“
Die kleinen Menschen von Flores teilten mit Flynn ihr Essen und führten ihm stolz ihre winzigen Werkzeuge vor, von dem sie ihm eines schenkten. Als er am Abend zurück zu seiner Mannschaft an Bord ging, schrieb er folgende Sätze auf:
Nie darf auch nur ein Mensch davon erfahren, dass hier auf Flores, mitten im Piratengewässer, ein so kleines, wunderbares und verletzliches Volk lebt. Wüssten die erbarmungslosen Piraten von ihnen – die kleinen Menschen wären für immer verloren.“
Flynn reiste wieder ab und behielt die Begegnung mit den kleinen Menschen 10 Jahre lang für sich, ohne einer Menschenseele etwas davon zu erzählen. Dann, im November des Jahres 1710, legte er im Hafen von Dublin an. Er war voller Wut und Sorgen, ob einer gegen ihn bevorstehenden Anklage wegen Betrugs, so dass er einem gewissen Jonathan Swift, der in einem Pub zufällig neben ihm saß, sein Herz ausschüttete. Wie sich herausstellte war Swift Schriftsteller, der hohes Interesse an Flynns exotischen Entdeckungen hatte. Vertrauenserweckend, wie Swift war, schaffte er es, Flynn seine geheimnisvollen Begegnungen mit den kleinen Menschen von Flores zu entlocken. Flynn willigte am Ende des Abends gar ein, dass Swift sein Erlebnis als Inspiration für einen Roman nutzen dürfe, ließ ihn jedoch schwören, weder ihn als Quelle noch den Lebensort der Winzlinge zu offenbaren.
16 Jahre später veröffentlichte Jonathan Swift den Roman „Gullivers Reisen“, in dem er eine Reise ins Land der Liliputaner – der kleinen Menschen – beschrieb.
Heute sind Flynns geheime Tagebücher im Besitz des Adventure Club of Europe. Auch das winzige Steinwerkzeug, welches die kleinen Menschen von Flores ihm schenkten, befindet sich in unserer Sammlung.
2003 herrschte große Aufruhr im Club, als sich die Echtheit Flynns Bericht tatsächlich zu bestätigen schien. Auf der Insel Flores entdeckten Forscher Knochen eines winzigen Menschen. „Homo floresiensis“ wurde die neue Menschenart getauft. Ebenso fanden sich Knochen einer Zwergenform des Stegodons wieder, der nahe mit den Elefanten verwandt war.
Heute im Besitz des Adventure Club of Europe
Artefakte:
- Skelett des homo floresiensis
- Flynns Tagebücher
- Ein winziges Steinwerkzeug